Im Rahmen von [rookie-zucki] am 20. & 22. November 2012
Die Eitelkeit wurde zur Wurzel allen Übels erklärt, Spiegel, Fotographie, jedwede Portrait-Malerei und schließlich auch die Schmeichelei verboten. Selbst den Fensterscheiben und dem Wasser nahm man den Abglanz. Nur im ‚Museum der Eitelkeit’ sind letzte Reliquien jener Zeit zu finden, in der man sich selbstverständlich, jeden Morgen und unumgänglich alle Augenblicke in den Spiegel sah. „Was kann man gegen die Augen tun“, kämpft das Regime gegen die letzten sich spiegelnden Flächen an, während sich in der Bevölkerung die Spiegelkrankheit ausbreitet. Die Menschen verlieren ihr Abbild und damit die Fähigkeit „Ich“ zu sagen. Im Untergrund organisieren sich Spiegelkabinette, auf dem Schwarzmarkt wird mit Scherben umgegangen, Schmeicheln ist das neue Betteln.
Aus der idyllischen Idee der spiegelbildlosen Gesellschaft wird ein totalitäres Monster, das sich schließlich selbst zerfleischt. Das Stück Spiegelkranke Körper beginnt am Ende dieses Szenarios von Elias Canettis Komödie der Eitelkeit. Zwei Figuren wandern in dieser postrevolutionären Landschaft herum und tasten die Überbleibsel nach ihrer Verwertbarkeit ab. Das Tabu des eigenen Abbildes muss weg. Eine Rückkehr zum Spiegelbild als umgarntes Fetischobjekt soll es aber auch nicht sein. Erst diese Umbruchszeit macht ihnen deutlich, worin und wodurch wir uns spiegel, wo und warum wir ständig und überall unser Abbild suchen und welche Notwendigkeit und Gefahren sich hinter der glatten Oberfläche verbergen.
Idee, Konzept und Umsetzung: Julia Grillmayr, Tanja Traxler
Puppen und Bühnenbild: Julia und Josef Grillmayr
unter der Mithilfe von Kathrin Klöckl und Konstantin Teske
Musik: Peter Schroll
Fotographie: Leon Frizelle